Bianca Fischer

Mit den Sozialen Medien ist das ja generell so eine Sache.

Alles glitzert, alles ist bunt und natürlich ist alles, jeder und jede immer super gut gelaunt, mega erfolgreich, schön, jung, sexy und hat Kohle ohne Ende ...

Okay, bunt ist es bei mir auch, das muss ich zugeben (und jung, schön und sexy bin ich sowieso 😎 😂). Allerdings schlage ich schon auch eher mal ernste Töne an.

Aber zurück zum Thema - nämlich Social Media und dort konkret dem Bild, dass da gerne von Freiheit im Allgemeinen und der Selbstständigkeit, bzw. dem Solo-Unternehmertum im Speziellen gezeichnet wird.

Auf meiner Haus-und Hof-Plattform LinkedIn hat Nathalie Oho kürzlich einen Beitrag verfasst, der in mir spontane Begeisterungs-Vibrationen ausgelöst hat. Nicht nur deshalb, weil er aus all der Oberflächlichkeit und dem fast schon exzessiven "im-Kreis-Klatschen", die auf der Plattform oft herrschen (ja, mea culpa, ich nehm mich da nicht aus) durch eine fast schon schmerzhafte Klarheit heraussticht - sondern weil Nathalie darin etwas anspricht, was ich für wahnsinnig wichtig halte!

Sie schreibt:

"Ich habe meinen Job gekündigt und es nie bereut"

(Angela, 25, seit 2 Monaten in der Selbständigkeit)

Warum ich solche Beiträge auf LinkedIn gefährlich finde:

In diesen Beiträgen wird vorrangig der Eindruck erzeugt, der Schritt in die Selbständigkeit ginge easypeasy von der Hand. Heute noch abhängig beschäftigt, morgen schon selbständig erfolgreich.

Die Beiträge enthalten aber selten Informationen darüber:

- Wie lange man tatsächlich schon selbständig ist
- welche Unterstützung und von wem man diese erhalten hat. Wohnt und lebt man allein oder noch bei den Eltern oder trägt der Partner vielleicht gar den Löwenanteil zum Lebensunterhalt bei?
- Wie man sich die Selbständigkeit finanziert hat. Durch staatliche Förderung, durch Kredit oder aus eigenen Mitteln?

Nie wird in diesen Beiträgen die überbordende Bürokratie erwähnt. Das Problem der Steueranmeldung, der Krankenversicherung und der Nachforderung von beidem nach dem ersten Jahr. Wenn über Geld gesprochen wird, dann meistens vom Umsatz. Selten über den Gewinn. Das, was netto am Ende herauskommt, ist ein Bruchteil von dem, was auf dem Konto landet."

Den ganzen Post könnt ihr hier lesen: https://www.linkedin.com/posts/nathalie-oho-6aa38a207_ich-habe-meinen-job-gek%C3%BCndigt-und-es-nie-activity-7167552097041772544-cWIu?utm_source=share&utm_medium=member_desktop

Beim Lesen wollte ich spontan aufspringen und JA!JA!JA! schreien, denn sie trifft damit einen sehr wichtigen und auch für viele sehr wunden Punkt.

Ich sehe all diese Posts auch und ich sehe sie sehr kritisch. Denn es sind diese Posts, die dafür sorgen, dass ich immer wieder Kund:innen in meinen Gründungscoachings sitzen habe, deren Traumblase platzt, sobald wir in die konkrete Businessplanung gehen.

Weil sie dann mit der Realität konfrontiert werden, die eben nicht bedeutet:

Ich mach mal eben ein Coachingsbusiness auf, steige direkt mit "High-Ticket-Coachings" ein, poste ein paar schlaue Sprüche auf Instagram und werfe mit Worten wie "abundance" oder "millionaire mindset" um mich, bis mir die Menschen die Euros nur so hinterherwerfen.

Sondern: innere Arbeit, Marktrecherche, Produktentwicklung, Pricing, Marketing, Vertrieb, Sichtbarkeit und Branding, Finanzplanung und noch so einiges mehr. Krankenversicherung zum Beispiel. Oder Buchhaltung und Steuern.

Dazu kommen dann noch Themen wie DSGVO, AGB, Impressum, Vertragsgestaltung...

Und als leckeres Topping oben drauf: die eigenen inneren Struggles und das persönliche Umfeld, mit dem man sich immer wieder auseinandersetzen darf.

Ganz ehrlich: wer auch immer behauptet, die Millionen liessen sich in völliger Leichtigkeit und ohne Arbeit einfach so auf der Straße einsammeln - ist entweder vollkommen blind gegenüber den eigenen Privilegien, oder lügt ganz einfach (im Zweifel auch sich selbst in die eigene Tasche).

So. Nachdem ich die Seifenblasen jetzt hab zerplatzen lassen, wie die größte Spaßbremse auf diesem Planeten, lasst mich euch aber auch sagen, was ich meinen Kund:innen in einer solchen Situation sage:

All diese Themen sind machbar.
Haben ja schon Millionen andere Menschen vor dir geschafft.
Es gibt tausend Wege in die erfolgreiche Selbstständigkeit und du darfst DEINEN ganz eigenen Weg finden.

Ich bin dabei definitiv keine Verfechterin einer krankmachenden Hustle-Kultur. Du musst dich nicht kaputt schuften, um erfolgreich selbstständig zu sein. Es kann sich durchaus auch leicht anfühlen - das heisst aber nicht, dass es keine Arbeit ist 😜 .

Und damit will ich nochmal auf Nathalie´s Post zurückkommen - und mal Klartext reden, wie das bei mir so aussieht! Ich werde jede von ihr aufgeworfene Frage konkret beantworten um hier mal ein wenig Realität reinzubringen.

Aber das ist eine längere Geschichte und deswegen lest ihr die im nächsten Artikel 😘

Bis dahin, habt´s gut, habt´s fein,

Eure Fischfleischgurke

Februar 25, 2024 |